50. Musikalische Andacht zum Dreikönigstag

Zum 50. Mal fand am Dreikönigstag eine musikalische Andacht statt.

Die erste musikalische Dreikönigsandacht gestaltete Hermann Lahm mit seinen Geschwistern 1974.  Sie wurde in den folgenden Jahren zur Tradition – vor allem auch mit den Geschwistern Lahm, dem Kirchenchor St. Nikolaus (bis zum Jahre 2020), mit weiteren Musikern, Sängern und Chören aus Wendelstein und Umgebung und immer mit Mitwirkung der  Besucher.  Alle 5 Jahre wurden die evangelischen Kirchen- und Posaunenchöre im Zeichen der Ökumene mit dazu eingeladen.

Hermann Lahm ist von Beginn an bis heute der Initiator dieser musikalischen Veranstaltung. Vielfach leitete er die Musiker und Sänger oder begleitete sie an Orgel, Klavier, Akkordeon. Das Repertoire reichte von der Klassik bis zur Volksmusik und Neuem geistlichen Liedgut.

Michael Kneißl  begrüßte die vielen Besucher der Andacht und leitete mit den Gaben der hl. Drei Könige zum Glanz über, der auch von uns allen ausgehen soll. Als Geschenk soll heute auch die Musik dienen.

In diesem Jahr waren als Musiker dabei:
Das Klarinettentrio Bünte/Scheerer und der
Tenor Mike Steinl, begleitet von Hermann Lahm auf dem Klaiver.

Als besondere Gäste wirkte das „Kommando Allergando“ mit  vielen Weihnachtsliedern mit, ein Männergesangsquintett, das sich aus ehemaligen Windsbacher Sängerknaben (darunter mit Philipp Weiser ein gebürtiger Wendelsteiner) zusammensetzt. Die Gruppe sang mit von Kindesbeinen an geschulten Stimmen. Sie gestalteten das Weihnachtsgeschehen der alten und neuen  Lieder mit vielen Klangunterschieden, dynamisch in Klang und Tempo  und angepasst an die textlichen Aussagen  – von der Stille und Ergriffenheit bis zum Jubel.

Das Klarinettentrio Bünte/Scheerer mit dem warmen Klang ihrer Instrumente spielte in die Klassik erhobene Hirtenmusik (Beethoven und Mozart), die ans Herz ging.  Die Melodien der drei Instrumente erfüllten den Raum mit Klang, aber auch mit Anbetung und Dank. Gotteslob ist auch mit wenigen möglich (wo zwei oder drei …)

Michael Steinl sang mit sonorer Stimme das berühmte Lied von der hehren Nacht, das von vielen bekannten Tenören in der ganzen Welt gesungen wurde und wird und ein Lied von der Wanderung der drei Könige, die dem leuchtenden Morgenstern gefolgt sind.

Bei den Variationen zum Dreikönigslied „Die  Heilign drei König“, einer Weihnachts-Pastorale von Valentin  Rathgeber (250. Todestag des Mönches aus dem Kloster Banz) spielte Hermann Lahm  solistisch die klangvolle Orgel von St. Nikolaus. Außerdem gestaltete er interessante Vorspiele für die von allen Besuchern gesungenen Lieder „Hört es singt und klingt mit Schalle“ und „O du fröhliche“.

Mit Hinweisen auf die Erwähnung und Bedeutung des Esels in der Bibel  (u.a. bei Prophet Jeremia, die Geburt Jesu in der Krippe, die Flucht nach Ägypten, der Einzug in Jerusalem) ergänzte Dr. Georg Langenhorst die musikalischen Beiträge auf seine bewährte Art in der besinnlichen Andacht (seine Texte siehe nachfolgend). Die jungen Sänger erwähnten besonders, dass man ihm gut zuhören könne und er verständliche Ausführungen dazu hätte.

Die vielen Besucher spornten die Mitwirkenden durch aufmerksame Stille und interessiertes „Mitgehen“ an und dankten mit lang anhaltendem Beifall allen Beteiligten.  Sie spendeten für die leidenden Kinder in Bethlehem eine große Summe.

Von Pfarrer Michael Kneißl erhielt Hermann Lahm als Geschenk für das 50. Jubiläum eine Ikone mit glänzendem  Hintergrund. Er schloss die Andacht mit inständigen Bitten um Frieden in der Welt und erbat für alle den Segen des Herrn – nicht nur für das begonnene neue Jahr 2025.

Mit einem kräftigen Nachspiel und bunter Rhythmik nach dem gesungenen Lied „O du fröhliche“ ließ Hermann Lahm  die Weihnachtszeit ausklingen.

Hermann Lahm

Bilder: Konrad Sailer

TEXTE zur Musikalischen Dreikönigsandacht

 von Prof. Dr. Georg Langenhorst

1. Der Esel an der Krippe

Eine der Figuren, die zum festen Bestandteil von klassischen Krippendarstellungen gehört, ist der Esel. Er gehört dazu. Aber warum eigentlich? Wie kommt der Esel, der schon seit mehr als fünf Jahrtausenden dem Menschen als Lastenträger und Reittier dient, allweihnachtlich in unsere Wohnzimmer?

Nun werden Sie vielleicht denken. Das ist doch klar: So steht es doch in der Bibel, in der Weihnachtserzählung. Allein: Das steht dort keineswegs! Von einer Krippe, einer Futterkrippe für das Vieh, ist dort durchaus die Rede, das ja. Aber nicht einmal von einem ‚Stall‘. Das wäre auch kaum möglich. In Betlehem gab es damals keine Ställe in unserem Verständnis. Sondern Höhlen und Hangausbuchtungen. Wenn, dann hätte die Krippe dort gestanden. Und ob Tiere dabei waren? Erwähnt werden sie nicht.

Nicht? Nein, man hat den Esel in die Szenerie hineinphantasiert, schon in den ersten christlichen Jahrhunderten. Aber warum? Weil der Prophet Jesaja folgendes Bild entworfen hat. Er schimpft mit seinem Volk und vergleicht es mit Tieren: So geht das bei ihm: „Der Ochse kennt seinen Besitzer/und der Esel die Krippe seines Herrn. Israel aber hat keine Einsicht.“ Selbst Ochse und Esel sind klüger als sein Volk, so lästert der Prophet. 

Nehmen wir den Vers einfach mal aus seinem Zusammenhang: „Der Esel kennt die Krippe seines Herrn.“ Die Krippe! Gut, das wurde viele Jahrhunderte vor der Geburt Jesu aufgeschrieben, aber die Übertragung lag nahe: Der Esel muss bei dieser ganz besonderen Krippe, bei der Geburt Jesu dabei gewesen sein! So wurde er schon sehr früh, vielleicht schon im zweiten christlichen Jahrhundert, zum Krippentier. Auch wenn es nirgends so bezeugt wird. Aber deshalb ist für uns zwei Jahrtausende später eine Weihnachtskrippe ohne Esel unvollständig. Anlass genug, heute einmal kurz über den Esel und seine Bedeutung in der Bibel nachzudenken. 

2. Der Esel in Ägypten

Der Esel ist eines der meistgenannten Tiere in der Bibel. Blenden wir über zu einem zweiten Bild aus dem weihnachtlichen Umfeld. Eine grausame Szenerie: Die Weisen aus dem Morgenland besuchen das Jesus-Kind, huldigen ihm, ziehen dann wieder zurück in ihre Herkunftsländer im Orient. Aber zuvor hatten sie ja Herodes, den politischen Herrscher über Judäa, darüber informiert, dass ein ‚neuer König‘ geboren sei. Das waren verwirrende Nachrichten für Herodes. Ein neuer König? Es gab doch ihn. Das konnte er nicht zulassen. Berichtet wird, dass er alle männlichen Kleinkinder im weiteren Umfeld ermorden ließ. Ein unfassbares Massaker. Nur Josef, Maria und das kleine Jesuskind können fliehen. Ein Engel des Herrn hat sie vorgewarnt, so heißt es. Sie ziehen dorthin, wo das Volk Israel immer wieder Asyl gefunden hat: Ägypten.

Das mag folgendes Bild vor Augen rufen: Josef führt den Esel am Zügel, auf dessen Rücken Maria und das gut geschützte Kind sitzen, während Josef selbst den langen Weg zu Fuß geht. Hundertfach hat die Kunstgeschichte dieses Bild immer wieder neu gemalt. Allein: Auch in diesem Zusammenhang ist in der Bibel nirgends von einem Esel die Rede. Erneut hat eine spätere Legende unsere gemeinsame kulturelle Erinnerung geprägt. Und zwar ungefähr so: Wenn da schon ein Esel an der Krippe gewesen wäre, dann hätte es nahe gegen, ihn auch als Tragetier mit nach Ägypten zu nehmen. Und ihm später auch im Haus Josefs in Nazaret einen Platz zuzuweisen, erneut in vielen Bildern der Kunstgeschichte dokumentiert. Allein: Weder historisch noch biblisch gibt es dafür Belege.

Aber sind die überhaupt von Nöten? Das Brauchtum hat eine Erzählung geschaffen, die einen eigenen Wert hat. Eine eigene Form von Wahrheit. Die in unseren Kirchen. Die in unseren Wohnzimmern. Die in unseren Herzen.

3. Wertschätzung des Esels im AT

Probieren Sie mal ein Bild aus. Können Sie sich das vorstellen? Jesus reitet auf einem Pferd? Oder ein zweites: Jesus reitet auf einem Kamel? Das sind Motive, die sperrig sind. Nein, in der Traditionsgeschichte ist es immer ein Esel, der Jesus als Reittier beigesellt ist. Und das ist kein Zufall.

Im Orient, auch im alten Israel galt jahrtausendelang folgende Regel: Wer auf einem Esel ritt, galt als vornehm. Und je weißer der Esel, umso größer die Vornehmheit seines Reiters. Eselreiter galten aber nicht nur als edelmütig, sondern entscheidend: auch als Friedensfürst. Wer mit dem Pferd kommt, bringt Krieg. Reite einen Esel und alle wissen: du willst den Frieden. Pferde sind im biblischen Kosmos Reittiere der Herrscher, der Krieger, der Gewalt, der unterdrückenden Kraft. Esel hingegen sind zwar eigensinnig, aber friedfertig, so dachte man damals. Nutztiere. Helfer und Begleiter des Menschen.

Kaum verwunderlich, dass der Esel so auch in einem der wichtigsten Texte der Menschheitskultur benannt wird. Im Grundgesetz der Bibel. In den ‚Zehn Geboten‘ ist tatsächlich auch vom Esel die Rede. „Du sollst nicht begehren den Esel deines Nächsten“ (Dtn 5,20), heißt es dort. Nicht nur das Haus, nicht nur das Hab und Gut des Anderen soll man nicht begehren, sondern explizit erwähnt: auch nicht den Esel. So wichtig ist er.

Und ein letztes Beispiel für diese Wertschätzung: Sie kennen das Gebot; ‚Am siebten Tage sollst du ruhen!‘ Dieses wunderbare Gebot des Ruhen-Dürfens am siebten Tag – am Schabbat für Juden, am Sonntag für Christen – gilt für uns Menschen, klar. Aber dann wird ausdrücklich eben auch genannt: der Esel (Dtn 5,14). Auch ihm, dem Esel, gilt das Gnade, am siebten Tag ruhen zu dürfen. Was für eine Wertschätzung!

 
4. Der Esel und der Palmsonntag

Springen wir vor in der Geschichte Jesu. Heraus aus dem Erzählrahmen von Weihnachten hinein in den Zusammenhang von Ostern. Palmsonntag, so nennen wir den Sonntag vor Ostern zum Auftakt der Karwoche. Jesus zieht mit seinen Jüngern in Jerusalem ein. Auf einer Eselin. Dieses Bild wurde schon im Alten Testament vorbreitet. Beim Propheten Sacharja heißt es in einer Freudenvision. So könnte er aussehen, der Anfang einer neuen Zeit:

Jubele laut, Jerusalem!

Siehe: dein König kommt zu dir!

Er reitet auf einem Esel,

ja: auf einem Esel,

dem Jungen einer Eselin.

Genau diese Szene wird nun bei Jesus wahr. ER zieht in Jerusalem ein. Und dann gleich dreimal betont: Auf einer Eselin. Symbolisch zentral: Wer auf einem Esel kommt, bringt Frieden. Ein in Jerusalem auf einem Pferd hineingaloppierender Jesus? Undenkbar. Nein: Hosianna, der Friedensfürst kommt. Ein Jubelbild. Eine Feststimung. Sie setzt den Kontrast zu den furchtbaren Bildern von Geißelung und Kreuzigung, die danach folgen werden.

Der Esel jedenfalls schlägt den neutestamentlichen Bogen von Weihnachten nach Ostern. Er begleitet unsere Bilder vom Leben Jesu. Das Tier, das den Frieden symbolisiert. Wir brauchen ihn heute so dringend wie selten …